Kapitel 9 Orientierung im zweidimensionalen Koordinatensystem

Abschnitt 9.3 Kreise in der Ebene

9.3.4 Lagebeziehungen für Kreise

Genau wie für zwei Geraden, kann man nun für einen Kreis und eine Gerade oder zwei Kreise die Frage stellen, wie die beiden Objekte relativ zueinander im Koordinatensystem liegen. Dies bedeutet die Frage zu beantworten, ob die beiden Objekte sich schneiden, berühren oder keine Punkte gemeinsam haben. Für einen Kreis und eine Gerade kann man dann eventuelle Schnitt- oder Berührpunkte auch relativ einfach ausrechnen. Für zwei Kreise ist dies schwieriger und geht über den Rahmen dieses Brückenkurses hinaus. Für zwei Kreise wird also nur die Fragestellung behandelt werden, ob sich diese schneiden oder berühren, und nicht, an welchen Punkten dies passiert.

Info 9.3.9

Sind ein Kreis

K

und eine Gerade

g

in der Ebene (durch Koordinatengleichungen bezüglich eines festen Koordinatensystems) gegeben, so gibt es für ihre relative Lage genau drei Fälle:

Der Kreis $K$ und die Gerade $g$ haben keine gemeinsamen Punkte. Dies ist für die rote Gerade in der Abbildung unten der Fall. Eine solche Gerade heißt Passante des Kreises.
Der Kreis $K$ und die Gerade $g$ haben genau einen Punkt gemeinsam, das heißt die Gerade berührt den Kreis. Dies ist für die blaue Gerade in der Abbildung unten der Fall. Eine solche Gerade heißt Tangente des Kreises.
Der Kreis $K$ und die Gerade $g$ haben zwei gemeinsame Punkte, das heißt die Gerade schneidet den Kreis. Dies ist für die grüne Gerade in der Abbildung unten der Fall. Eine solche Gerade heißt Sekante des Kreises.

Im Fall einer Sekante oder Tangente haben Kreis und Gerade also zwei Punkte oder einen Punkt gemeinsam. Wie kann man diesen Punkt oder diese Punkte nun ausrechnen? Da die Punkte jeweils auf Kreis und Gerade liegen, müssen sie sowohl die Koordinatengleichung des Kreises als auch die Koordinatengleichung der Geraden erfüllen. Man hat dann also zwei Gleichungen für die beiden unbekannten Koordinaten der Schnittpunkte und kann diese dadurch ausrechnen. Dabei ist allerdings Folgendes zu beachten: Da in der Koordinatengleichung für Kreise die Unbekannten quadriert vorkommen, handelt es sich nicht um zwei lineare Gleichungen. Es sind also leider nicht die Methoden zum Lösen linearer Gleichungssysteme aus Kapitel 5 anwendbar. Die folgende Infobox fasst die Methode zur Berechnung der Schnittpunkte zusammen.

Info 9.3.10

Sind ein Kreis

K

in der Ebene mit Mittelpunkt

(x_{0}; y_{0})

und Radius

r

mittels einer Koordinatengleichung

K : (x - x_{0})^{2} + (y - y_{0})^{2} = r^{2}

und eine Gerade mit Steigung

m

und Achsenabschnitt

b

in Normalform

g : y = m x + b

gegeben, so kann zur Berechnung eventueller Schnittpunkte, die Gleichung für

g

in die Gleichung für

K

eingesetzt werden. Dies resultiert in einer quadratischen Gleichung in der Variablen

x

(x - x_{0})^{2} + (\underset{= y}{\underset{⏟}{m x + b}} - y_{0})^{2} = r^{2} .

Für quadratische Gleichungen können bekanntermaßen drei Fälle auftreten (vgl. 2.1.5):

Die quadratische Gleichung hat keine Lösung. In diesem Fall handelt es sich bei $g$ um eine Passante von $K$ . Es lässt sich keine $x$ -Koordinate eines gemeinsamen Punktes finden.
Die quadratische Gleichung hat genau eine Lösung. In diesem Fall handelt es sich bei $g$ um eine Tangente an $K$ . Zu der $x$ -Koordinate (der Lösung der quadratischen Gleichung) lässt sich mit Hilfe der Geradengleichung eine zugehörige $y$ -Koordinate berechnen. Die beiden Koordinaten zusammen bilden den Berührpunkt der Tangente $g$ am Kreis $K$ .
Die quadratische Gleichung hat zwei Lösungen. In diesem Fall handelt es sich bei $g$ um eine Sekante von $K$ . Zu den beiden $x$ -Koordinaten (den Lösungen der quadratischen Gleichung) lassen sich mit Hilfe der Geradengleichung zugehörige $y$ -Koordinaten berechnen. Die beiden Koordinatenpaare bilden die Schnittpunkte der Sekante $g$ mit dem Kreis $K$ .

Beispiel 9.3.11

Gegeben sind der Kreis

K

mit Mittelpunkt

(2; 2)

und Radius

1

durch

K : (x - 2)^{2} + (y - 2)^{2} = 1

sowie die Geraden

g_{1}

g_{2}

und

g_{3}

durch

g_{1} : y = x - \sqrt{2},

g_{2} : y = x + 1

und

g_{3} : y = 2 x + 2 .

Gerade $g_{1}$ :
Einsetzen der Geradengleichung $g_{1}$ in die Kreisgleichung liefert

$(x - 2)^{2} + (x - \sqrt{2} - 2)^{2} = 1 \Leftrightarrow (x - 2)^{2} + [(x - 2) - \sqrt{2}]^{2} = 1$

$\Leftrightarrow (x - 2)^{2} + (x - 2)^{2} - 2 \sqrt{2} (x - 2) + (\sqrt{2})^{2} = 1 \Leftrightarrow 2 (x - 2)^{2} - 2 \sqrt{2} (x - 2) + 1 = 0$

$\Leftrightarrow (\sqrt{2} (x - 2) - 1)^{2} = 0 \Leftrightarrow \sqrt{2} (x - 2) - 1 = 0 \Leftrightarrow x - 2 = \frac{1}{\sqrt{2}} \Leftrightarrow x = 2 + \frac{1}{\sqrt{2}} .$
Die entstehende quadratische Gleichung hat nur die Lösung $x = 2 + \frac{1}{\sqrt{2}}$ , womit $g_{1}$ eine Tangente an $K$ ist, welche $K$ in einem Punkt mit der $x$ -Koordinate $2 + \frac{1}{\sqrt{2}}$ berührt. Die zugehörige $y$ -Koordinate ist aus der Geradengleichung zu berechnen:

$y = 2 + \frac{1}{\sqrt{2}} - \sqrt{2} = 2 + \frac{\sqrt{2}}{2} - \sqrt{2} = 2 - \frac{1}{\sqrt{2}} .$
Somit berührt die Tangente $g_{1}$ den Kreis $K$ im Punkt $P = (2 + \frac{1}{\sqrt{2}}; 2 - \frac{1}{\sqrt{2}})$ .
Gerade $g_{2}$ :
Einsetzen der Geradengleichung $g_{2}$ in die Kreisgleichung liefert

$(x - 2)^{2} + (x + 1 - 2)^{2} = 1 \Leftrightarrow (x - 2)^{2} + (x - 1)^{2} = 1$

$\Leftrightarrow x^{2} - 4 x + 4 + x^{2} - 2 x + 1 = 1 \Leftrightarrow 2 x^{2} - 6 x + 4 = 0 \Leftrightarrow x^{2} - 3 x + 2 = 0$

$\Leftrightarrow x_{1,2} = \frac{3 \pm \sqrt{9 - 8}}{2} = \frac{3 \pm 1}{2} \Leftrightarrow x_{1} = 2 \land x_{2} = 1 .$
Die entstehende quadratische Gleichung hat zwei Lösungen, womit $g_{2}$ eine Sekante des Kreises $K$ ist, die $K$ in zwei Punkten mit den beiden $x$ -Koordinaten $x_{1} = 2$ und $x_{2} = 1$ schneidet. Die zugehörigen $y$ -Koordinaten berechnen sich aus der Geradengleichung:

$y_{1} = x_{1} + 1 = 2 + 1 = 3 und y_{2} = x_{2} + 1 = 1 + 1 = 2 .$
Somit sind die Schnittpunkte der Sekanten $g_{2}$ mit dem Kreis $K$ die beiden Punkte $Q_{1} = (2; 3)$ und $Q_{2} = (1; 2)$ .
Gerade $g_{3}$ :
Einsetzen der Geradengleichung $g_{3}$ in die Kreisgleichung liefert

$(x - 2)^{2} + (2 x + 2 - 2)^{2} = 1 \Leftrightarrow (x - 2)^{2} + (2 x)^{2} = 1 \Leftrightarrow x^{2} - 4 x + 4 + 4 x^{2} = 1$

$\Leftrightarrow 5 x^{2} - 4 x + 3 = 0 .$
Die Diskriminante (vgl. 2.1.5) dieser quadratischen Gleichung ist

$(- 4)^{2} - 4 \cdot 5 \cdot 3 = 16 - 60 < 0,$
womit die Gleichung keine Lösung besitzt. Folglich ist die Gerade $g_{3}$ eine Passante des Kreises $K$ .

Der Kreis, alle drei Geraden und die Schnittpunkte sind in folgender Abbildung dargestellt:

Aufgabe 9.3.12

Gegeben sind der Kreis

K

durch die Gleichung

K : x^{2} + (y - 1)^{2} = 2

sowie die beiden Geraden

g : y = \sqrt{7} x + 5

und

h : y = 2 x + 2 .

Zeigen Sie, dass $g$ eine Tangente an $K$ ist und berechnen Sie $x$ - und $y$ -Koordinate des Berührpunkts $(x; y)$ von $g$ und $K$ .
$x =$

$y =$
Zeigen Sie, dass $h$ eine Sekante von $K$ ist und berechnen Sie $x$ - und $y$ -Koordinaten der Schnittpunkte $(x_{1}; y_{1})$ und $(x_{2}; y_{2})$ von $h$ und $K$ . Sortieren Sie die Schnittpunkte entwsprechend der Größe der $x$ -Koordinaten nach.
$x_{1} =$

$y_{1} =$

$x_{2} =$

$y_{2} =$

Wurzeln können als sqrt eingegeben werden. Zum Beispiel sqrt(2) für

\sqrt{2}

Einsetzen von $g$ in $K$ ergibt

$x^{2} + (\sqrt{7} x + 5 - 1)^{2} = 2 \Leftrightarrow x^{2} + (\sqrt{7} x + 4)^{2} = 2 \Leftrightarrow x^{2} + 7 x^{2} + 8 \sqrt{7} x + 16 = 2$

$\Leftrightarrow 8 x^{2} + 8 \sqrt{7} x + 14 = 0 \Leftrightarrow 4 x^{2} + 4 \sqrt{7} x + 7 = 0 \Leftrightarrow (2 x + \sqrt{7})^{2} = 0 .$
Somit hat die quadratische Gleichung genau eine Lösung, und es handelt sich bei $g$ um eine Tangente an $K$ . Berechnung des Berührpunkts:

$(2 x + \sqrt{7})^{2} = 0 \Leftrightarrow 2 x + \sqrt{7} = 0 \Leftrightarrow x = - \frac{\sqrt{7}}{2} .$
Einsetzen in die Geradengleichung liefert die zugehörige $y$ -Koordinate:

$y = \sqrt{7} (- \frac{\sqrt{7}}{2}) + 5 = - \frac{7}{2} + 5 = \frac{3}{2} .$
Einsetzen von $h$ in $K$ ergibt

$x^{2} + (2 x + 2 - 1)^{2} = 2 \Leftrightarrow x^{2} + (2 x + 1)^{2} - 2 = 0 \Leftrightarrow x^{2} + 4 x^{2} + 4 x + 1 - 2 = 0$

$\Leftrightarrow 5 x^{2} + 4 x - 1 = 0 \Leftrightarrow x_{1,2} = \frac{- 4 \pm \sqrt{16 + 20}}{10} = \frac{- 4 \pm 6}{10} \Leftrightarrow x_{1} = - 1 \land x_{2} = \frac{1}{5} .$
Da die quadratische Gleichung zwei Lösungen besitzt, ist $h$ eine Sekante von $K$ . Die zugehörigen $y$ -Koordinaten ergeben sich wieder durch Einsetzen in die Geradengleichung:

$y_{1} = 2 (- 1) + 2 = - 2 + 2 = 0$
und

$y_{2} = 2 (\frac{1}{5}) + 2 = \frac{2}{5} + 2 = \frac{12}{5} .$

Aufgabe 9.3.13

Gegeben sind der Kreis

K

durch die Kreisgleichung

K : (x - 3)^{2} + y^{2} = 2

und die Gerade

g

mit Steigung

2

und Achsenabschnitt

b

durch die Geradengleichung

g : y = 2 x + b

in Normalform. Bestimmen Sie das Intervall, in dem der Achsenabschnitt

b

liegen muss, damit

g

eine Sekante von

K

ist.

b \in]

;

[

.
Wurzeln können als sqrt eingegeben werden. Zum Beispiel sqrt(2) für

\sqrt{2}

Einsetzen der Geradengleichung (mit unbekanntem

b

) in die Kreisgleichung liefert

(x - 3)^{2} + (2 x + b)^{2} = 2 \Leftrightarrow x^{2} - 6 x + 9 + 4 x^{2} + 4 b x + b^{2} = 2 \Leftrightarrow 5 x^{2} + (4 b - 6) x + b^{2} + 7 = 0 .

Damit es sich bei

g

um eine Sekante handelt, muss diese quadratische Gleichung (in der Variablen

x

) zwei Lösungen besitzen. Dies ist der Fall wenn ihre Diskriminante positiv ist, also wenn gilt:

(4 b - 6)^{2} - 4 \cdot 5 (b^{2} + 7) > 0 \Leftrightarrow 16 b^{2} - 48 b + 36 - 20 b^{2} - 140 > 0 \Leftrightarrow - 4 b^{2} - 48 b - 104 > 0

\Leftrightarrow b^{2} + 12 b + 26 < 0 .

Die Lösungen der quadratischen Gleichung

b^{2} + 12 b + 26 = 0

(in der Variablen

b

) ergeben sich zu

b_{1,2} = \frac{- 12}{2} \pm \sqrt{{(\frac{12}{2})}^{2} - 26} = - 6 \pm \sqrt{36 - 26} = - 6 \pm \sqrt{10} .

Damit ist das gesuchte Intervall

] - 6 - \sqrt{10}; - 6 + \sqrt{10} [

Auch Geraden, deren Gleichungen nicht auf Normalform gebracht werden können (also solche, die parallel zur Ordinatenachse verlaufen), können natürlich Kreise schneiden oder berühren. Für diese Geraden ist das oben stehende Verfahren nicht direkt anwendbar. Das Vorgehen in diesem Fall wird im folgenden Beispiel demonstriert.

Beispiel 9.3.14

Gegeben sind der Kreis

K

durch die Kreisgleichung

K : (x - 1)^{2} + (y - 1)^{2} = 1

sowie die Gerade

g

durch die Gleichung

g : x = \frac{3}{2} .

Die folgende Abbildung stellt die beiden Objekte dar:

Offenbar ist

g

eine Sekante von

K

. Um die Schnittpunkte zu berechnen, kann in diesem Fall die Geradengleichung natürlich nicht nach

y

aufgelöst werden. Stattdessen wird einfach die Geradengleichung

x = \frac{3}{2}

für

x

in die Kreisgleichung eingesetzt. Dies liefert zwei

y

-Werte, die

y

-Koordinaten der Schnittpunkte:

(\frac{3}{2} - 1)^{2} + (y - 1)^{2} = 1 \Leftrightarrow \frac{1}{4} + y^{2} - 2 y + 1 = 1 \Leftrightarrow y^{2} - 2 y + \frac{1}{4} = 0

\Leftrightarrow y_{1,2} = \frac{2}{2} \pm \sqrt{{(\frac{2}{2})}^{2} - \frac{1}{4}} = 1 \pm \frac{\sqrt{3}}{2} \Leftrightarrow y_{1} = 1 + \frac{\sqrt{3}}{2} \land y_{2} = 1 - \frac{\sqrt{3}}{2} .

Die zugehörigen

x

-Koordinaten sind natürlich beide gleich

\frac{3}{2}

, da die Schnittpunkte auf der Geraden

g

liegen. Somit ergeben sich die beiden Schnittpunkte

(\frac{3}{2}; 1 + \frac{\sqrt{3}}{2})

und

(\frac{3}{2}; 1 - \frac{\sqrt{3}}{2})

der Geraden

g

und des Kreises

K

Für die relative Lage zweier Kreise listet die folgende Infobox die möglichen Fälle auf, zusammen mit allgemeinen Kriterien, durch die festgestellt werden kann, welcher Fall für zwei gegebene Kreise jeweils vorliegt.

Info 9.3.15

Sind zwei (verschiedene) Kreise

K_{1}

mit dem Mittelpunkt

M_{1}

und dem Radius

r_{1}

sowie

K_{2}

mit dem Mittelpunkt

M_{2}

und dem Radius

r_{2}

in der Ebene (durch Koordinatengleichungen bezüglich eines festen Koordinatensystems) gegeben, so gibt es für ihre relative Lage genau drei Fälle:

Die Kreise $K_{1}$ und $K_{2}$ haben keine gemeinsamen Punkte, das heißt sie schneiden sich nicht. Dies ist genau dann der Fall wenn für die Radien $r_{1}$ und $r_{2}$ sowie für den Abstand $[\overline{M_{1} M_{2}}]$ der beiden Mittelpunkte gilt:

$[\overline{M_{1} M_{2}}] > r_{1} + r_{2} oder [\overline{M_{1} M_{2}}] < | r_{1} - r_{2} | .$
Die Kreise $K_{1}$ und $K_{2}$ haben einen gemeinsamen Punkt, das heißt sie berühren sich. Dies ist genau dann der Fall wenn für die Radien $r_{1}$ und $r_{2}$ sowie für den Abstand $[\overline{M_{1} M_{2}}]$ der beiden Mittelpunkte gilt:

$[\overline{M_{1} M_{2}}] = r_{1} + r_{2} oder [\overline{M_{1} M_{2}}] = | r_{1} - r_{2} | .$
Die Kreise $K_{1}$ und $K_{2}$ haben zwei gemeinsame Punkte, das heißt sie schneiden sich. Dies ist genau dann der Fall wenn für die Radien $r_{1}$ und $r_{2}$ sowie für den Abstand $[\overline{M_{1} M_{2}}]$ der beiden Mittelpunkte gilt:

$| r_{1} - r_{2} | < [\overline{M_{1} M_{2}}] < r_{1} + r_{2} .$

Die drei Situationen sind in den folgenden Abbildungen dargestellt:

Erste Situation im erster Fall mit $[\overline{M_{1} M_{2}}] > r_{1} + r_{2}$ :	Erste Situation im zweiten Fall mit $[\overline{M_{1} M_{2}}] < \| r_{1} - r_{2} \|$ :

$[\overline{M_{1} M_{2}}] = r_{1} + r_{2}$ :	$[\overline{M_{1} M_{2}}] = \| r_{1} - r_{2} \|$ :

| r_{1} - r_{2} | < [\overline{M_{1} M_{2}}] < r_{1} + r_{2}

Um die relative Lage zweier Kreise festzustellen, benötigt man also nur deren Mittelpunkte und Radien. Das Berechnen möglicher Schnittpunkte ist schwieriger und kann im Rahmen dieses Brückenkurses nicht behandelt werden.

Beispiel 9.3.16

Gegeben sind ein Kreis

K

mit Mittelpunkt

M_{K}

und Radius

r_{K}

durch die Gleichung

K : x^{2} + y^{2} - 2 y = 1

und ein Kreis

L

mit Mittelpunkt

M_{L}

und noch unbekanntem Radius

r > 0

durch die Kreisgleichung

L : (x + 1)^{2} + (y - 1)^{2} = r^{2} .

Es sind diejenigen Werte für

r

zu bestimmen, für die die Kreise

K

und

L

sich schneiden, sich berühren bzw. sich nicht schneiden.
Aus der Kreisgleichung für

L

kann der Mittelpunkt

M_{L}

direkt abgelesen werden:

M_{L} = (- 1; 1)

. Die Kreisgleichung für

K

ist noch nicht in Normalform. Durch quadratische Ergänzung kann diese aber leicht auf Normalform gebracht werden, so dass Mittelpunkt

M_{K}

und Radius

r_{K}

abgelesen werden können:

x^{2} + y^{2} - 2 y = 1 \Leftrightarrow x^{2} + y^{2} - 2 y + 1 - 1 = 1 \Leftrightarrow x^{2} + (y - 1)^{2} = 2 .

Also ist

M_{K} = (0; 1)

und

r_{K} = \sqrt{2}

. Somit beträgt der Abstand der beiden Mittelpunkte

[\overline{M_{K} M_{L}}] = \sqrt{(0 + 1)^{2} + (1 - 1)^{2}} = 1,

und die Summe der beiden Radien ist

r + r_{K} = r + \sqrt{2} .

r > 0

gilt, folgt

r + \sqrt{2} > \sqrt{2} > 1 = [\overline{M_{K} M_{L}}] .

Somit kann die Situation

[\overline{M_{K} M_{L}}] \geq r + \sqrt{2}

in diesem Fall nicht eintreten. (Der geometrische Grund hierfür ist, dass der Mittelpunkt von

L

innerhalb des Kreises

K

liegt, wie auch aus der Abbildung unten hervorgeht.) Nach den Kriterien in Infobox 9.3.15 berühren sich die beiden Kreise somit, falls

| r - \sqrt{2} | = 1 = [\overline{M_{K} M_{L}}]

gilt. Nach dem Abschnitt über Betragsgleichungen, ist diese Gleichung erfüllt, falls

r - \sqrt{2} = 1 oder r - \sqrt{2} = - 1

ist. Also sind die beiden Radien

r

, für die der Kreis

L

den Kreis

K

berührt:

r = \sqrt{2} + 1 und r = \sqrt{2} - 1 .

Nun sind noch die restlichen möglichen Werte für

r

zu untersuchen. Für

0 < r < \sqrt{2} - 1

gilt

| r - \sqrt{2} | = - (r - \sqrt{2}) = \sqrt{2} - r > 1 = [\overline{M_{K} M_{L}}],

womit

K

und

L

in diesem Fall keine gemeinsamen Punkte besitzen. Für

\sqrt{2} - 1 < r < \sqrt{2} + 1

sind zur Untersuchung des Betrags nochmal die Fälle

\sqrt{2} - 1 < r \leq \sqrt{2}

und

\sqrt{2} < r < \sqrt{2} + 1

zu unterscheiden. Im Fall

\sqrt{2} - 1 < r \leq \sqrt{2}

gilt

| r - \sqrt{2} | = - (r - \sqrt{2}) = \sqrt{2} - r < 1 = [\overline{M_{K} M_{L}}],

und auch im Fall

\sqrt{2} < r < \sqrt{2} + 1

gilt

| r - \sqrt{2} | = r - \sqrt{2} < 1 = [\overline{M_{K} M_{L}}] .

Damit haben

K

und

L

für

\sqrt{2} - 1 < r < \sqrt{2} + 1

zwei gemeinsame Punkte, die Kreise schneiden sich also. Zuletzt gilt im Fall

r > \sqrt{2} + 1

| r - \sqrt{2} | = r - \sqrt{2} > 1 = [\overline{M_{K} M_{L}}] .

Somit haben

K

und

L

auch in diesem Fall keine gemeinsamen Punkte. Zusammenfassend erhält man für die relative Lage von

K

und

L

die folgenden Bedingungen:

Falls $r \in {\sqrt{2} - 1; \sqrt{2} + 1}$ gilt, berühren sich die beiden Kreise $K$ und $L$ in jeweils einem Punkt.
Falls $r \in$ $] \sqrt{2} - 1; \sqrt{2} + 1 [$ gilt, schneiden sich die beiden Kreise $K$ und $L$ in jeweils zwei Punkten.
Falls $r \in$ $] 0; \sqrt{2} - 1 [$ $\cup$ $] \sqrt{2} + 1; \infty [$ gilt, haben die beiden Kreise $K$ und $L$ keine gemeinsamen Punkte.

Einige Fälle für die Kreise

K

und

L

sind in den folgenden Abbildungen dargestellt:

Aufgabe 9.3.17

Gegeben sind die beiden Kreise

K_{1}

und

K_{2}

durch die Gleichungen

K_{1} : (x + 6)^{2} + (y + 4)^{2} = 64

und

K_{2} : x^{2} + 2 x + y^{2} - 16 y + 40 = 0 .

Die beiden Kreise

K_{1}

und

K_{2}

	berühren sich in einem Punkt,
	schneiden sich in zwei Punkten,
	haben keine gemeinsamen Punkte.

Der Mittelpunkt

M_{1}

und der Radius

r_{1}

des Kreises

K_{1}

sind direkt ablesbar. Es gilt

M_{1} = (- 6; - 4)

und

r_{1} = 8

. Für

K_{2}

ist eine quadratische Ergänzung durchzuführen:

x^{2} + 2 x + y^{2} - 16 y + 40 = 0 \Leftrightarrow x^{2} + 2 x + 1 + y^{2} - 2 \cdot 8 y + 64 + 40 - 64 - 1 = 0

\Leftrightarrow (x + 1)^{2} + (y - 8)^{2} = 25 .

Nun können der Mittelpunkt

M_{2}

und der Radius

r_{2}

von

K_{2}

abgelesen werden. Es gilt

M_{2} = (- 1; 8)

und

r_{2} = 5

. Damit berechnet man

[\overline{M_{1} M_{2}}] = \sqrt{(- 1 + 6)^{2} + (8 + 4)^{2}} = \sqrt{25 + 144} = \sqrt{169} = 13

und

r_{1} + r_{2} = 13 .

Es ist in diesem Fall also

[\overline{M_{1} M_{2}}] = 13 = r_{1} + r_{2}

, und nach Infobox 9.3.15 berühren sich die Kreise

K_{1}

und

K_{2}

folglich in einem Punkt.

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Kapitel 9 Orientierung im zweidimensionalen Koordinatensystem

9.3.4 Lagebeziehungen für Kreise

Info 9.3.9

Info 9.3.10

Beispiel 9.3.11

Aufgabe 9.3.12

Aufgabe 9.3.13

Beispiel 9.3.14

Info 9.3.15

Beispiel 9.3.16

Aufgabe 9.3.17